Manuela wusste schon während der Schulzeit, dass ihr die körperliche Arbeit in die Wiege gelegt wurde. Die Schulbank zu drücken, das war nie ihr Ding. Welchen Herausforderungen sie sich während ihrer Ausbildung bei der GLB als Zimmerin EFZ und Malerin EFZ in einem männerdominierten Umfeld auf dem Bau stellen musste, erzählt sie uns im persönlichen Interview.
Persönliches Interview – Zimmerin und Malerin
Das ist Manuela Trösch
Beruf: Zimmerin und Malerin
Arbeitsort: Langenthal, GLB Oberaargau
Alter: 24 Jahre
In der GLB seit: August 2014
Warum hast du dich für einen handwerklichen Beruf entschieden?
Ehrlicherweise habe ich mich hauptsächlich wegen der Schule für einen handwerklichen Beruf entschieden, denn ich bin nie gerne zur Schule gegangen. Schnell bin ich darum auf die handwerklichen Berufe gestossen. Der Rhythmus mit einem Schultag pro Woche hat mich überzeugt und war wie für mich gemacht. Das Arbeiten mit Holz gefiel mir während dem Schnuppern sehr und so entschloss ich mich für eine Ausbildung als Zimmerin.
Nach der 4-jährigen Lehre und einem Jahr Berufserfahrung bei der GLB hatte ich das Glück, hier auch die Zweitlehre als Malerin zu machen. In diesem Beruf bin ich auch heute tätig. Kleinkindererzieherin hätte mir eigentlich auch gut gefallen, aber ich merkte, dass ich am Abend zu viel Energie hatte. Ich brauchte die frische Luft und die körperliche Arbeit. Als Kleinkindererzieherin wäre der Anteil Schule auch viel grösser gewesen – das ist unter anderem ein Grund gegen diesen Beruf gewesen.
Was gefällt dir an den Berufen Zimmerin und Malerin?
Das grobe Arbeiten mit Holz und Maschinen, der Geruch von Sägemehl und die sehr abwechslungsreichen Arbeiten als Zimmerin beeindrucken mich immer wieder aufs Neue. Du siehst, was du gemacht hast. Die Ergebnisse beim Aufrichten, wenn Häuser oder andere Bauwerke entstehen, machen mich stolz. Die Vielfältigkeit in diesem Beruf möchte ich besonders herausstreichen. Der Abbund (also die Bearbeitung von Holz für Tragwerke), das Aufrichten eines Hauses oder Halle, das Erstellen von Unterdach, Vollholzdecke, das Isolieren oder Anschlagen von Gipsfaserplatten und Rosten sind nur einige Tätigkeiten, welche den Alltag dominieren. Wenn der Anriss der Sparren und Pfetten passt, ist das einfach perfekt und macht mich glücklich.
«Du siehst, was du gemacht hast.»
Als Malerin gefällt mir das Arbeiten mit Farbe besonders gut. Beim Streichen, Lackieren von Fassaden, Wänden, Decken, Böden, Türen, Fenstern und beim Beschneiden (Sauberes Abgrenzen von Flächen) braucht es einfach «Gespür». In beiden Berufen braucht es sicher Wille, Durchhaltevermögen, Grundkondition, robuste Gesundheit, Körperkraft und Beweglichkeit.
Wie hast du auf Vorurteile und Klischees betreffend deiner Berufswahl reagiert?
Zu Beginn waren sicher gegenseitige Unsicherheiten vorhanden; bei den Ausbildern, im Team und bei mir. Natürlich ist der Ton auf dem Bau sehr rau und anfangs sicher gewöhnungsbedürftig. Es braucht klare Ansagen, wenn ein Team gemeinsam etwas bauen und erreichen will. Von diesem direkten Ton sollte man sich nicht abschrecken lassen, sondern selbstbewusst auftreten und es nicht persönlich nehmen. Unter den eigenen Leuten habe ich jedoch stets einen sehr respektvollen Umgang erlebt. Die Bauherrschaft hat zu Beginn oft gesagt: «Ah, du bist die Schreinerin…» Das habe ich locker genommen und sie von meinen Fähigkeiten überzeugt. In der Zimmerei sind weniger «starke Kerle» gefragt, sondern kluge, kreative Köpfe und diese Kompetenz ist keine Frage des Geschlechtes. Als Zimmerin benötigst du gute Instruktionen im Umgang mit den Maschinen. Diese Fähigkeiten kann sich jeder an den ÜK’s (Überbetrieblichen Kursen) und im Ausbildungsbetrieb aneignen. Ich sehe da als Frau überhaupt keine Nachteile.
Warum sollten sich junge Mädchen für einen Bauberuf entscheiden?
«Machet’s eifach, es fägt!» Eigenschaften wie Teamfähigkeit, Innovation und Perspektiven bereichern Teams enorm. Wir Frauen punkten ausserdem durch Motivation – es gibt also durchwegs viele positive Eigenschaften, in denen wir unseren männlichen Kollegen in nichts nachstehen müssen. Seid mutig, macht eine handwerkliche Ausbildung, lasst euch nicht von Erwartungen, Klischees und berufsspezifischen Anforderungen (technisches Verständnis, räumliches Vorstellungsvermögen usw.) abhalten. Lasst euch von niemandem einreden, dass ihr das nicht könnt.
«Lasst euch von niemandem einreden, dass ihr das nicht könnt.»
Besucht Informationsveranstaltungen und Aktionstage des BIZ (Berufsinformationszentrum), welche auch Mädchen Einblicke in technische Berufsfelder eröffnen. Durch Schnupperwochen am Bau erlangt ihr einen Einblick, wie die Arbeit auf der Baustelle in der Realität aussieht – Arbeiten auf dem Bau sind nicht immer schmutzig oder anstrengend. Beweise dir und allen andern, dass du das kannst.
«Ich bin stolz, Zimmerin und Malerin zu sein!»
Was machst du in deiner Freizeit am liebsten?
Auch in meiner Freizeit geht es mit viel Power durchs Leben. Ich spiele Handball (1. und 3. Liga) in einem Verein in Herzogenbuchsee. Das bedeutet häufige Trainings und Matches. In den Sommermonaten treffe ich mich gerne mit Freunden zum gemütlichen Grillieren im Garten oder unternehme am Wochenende eine aufregende Tour mit dem Motorrad. Das Aussergewöhnliche mit dem Töff fasziniert mich und vermittelt mir ein Gefühl von Freiheit. Da erlebst du die Natur ganz anders. Gemütliche und ruhige Stunden geniesse ich bei einem guten Buch.
Worauf kannst du nicht verzichten?
Natürlich hat in meinem Leben Gesundheit, Partner und Familie einen grossen Stellenwert. Aber auf die kleine Sünde wie «chli Schoggi» möchte ich in meinem Leben nicht verzichten!
Herzlichen Dank Manuela für dein Engagement, deinen Mut und deine Offenheit.
Frauen sind eine grosse Bereicherung auf dem Bau, dennoch bleiben viele Herausforderungen bestehen, damit sich die Frauenquote auf dem Bau markant steigert. Dazu müssen auch Mädchen ein immer grösseres Interesse an einer handwerklichen Tätigkeit auf dem Bau zeigen.
Manuela, du nimmst eine Vorreiterrolle ein, bist für viele junge Mädchen ein Vorbild und machst Mut, diesen Schritt zu wagen. Die Anzeichen stehen gut, dass du in Zukunft als Frau auf dem Bau keine Ausnahme, sondern die Regel bist.